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Geschichte der Naturfreunde

 

1895 Gründung der Naturfreunde in Wien. Industriealisierung und Landflucht
in die Städte bringen unhaltbare soziale Mißstände für den Stand der Arbeiter mit
sich. Der Lehrer Schmiedl, ein überzeugter Sozialist, will den Arbeitern helfen und
sie hinausführen in die Natur zum Ausgleich für den 14-Stunden-Arbeitstag und
Wohnen in menschenwürdigen Räumen. Er streut den Samen aus, aus dem eine
internationale Freizeit und Kulturorganisation der Arbeiterbewegung wächst. Mit-
begründer sind u. a. der Sensenschmied Alois Rohrauer und dessen Untermieter,
der Student Karl Renner, der später Bundespräsident von Österreich wird.

 

1897 Die Zeitschrift " Der Naturfreund " erscheint. Es wird die erste natur-
kundliche Gruppe in Wien gegründet. Vortragsveranstaltungen mit Bildern (Laterna
magica) finden großen Zuspruch. Wandernde Gesellen, teils durch den Beruf
verpflichtet, teils arbeitslos, tragen den Naturfreundegedanken in alle Teile der
österreichisch-ungarischen Monarchie und ins Ausland. Der erste Sonderzug für
die Naturfreunde Wien führt nach Salzburg.

 

1905 Die ersten Ortsgruppen außerhalb Österreichs entstehen in Zürich
/Schweiz und in München. Rohrauer kommt am 21. Juli 1905 von Wien nach
München und wirbt in einer Veranstaltung im Gasthaus Amalienburg für
die Gründung einer Ortsgruppe.

 

1906 Die Naturfreunde starten die Aktion " Verbotener Weg ". Während
heute der freie Zugang zu den Bergen, Wäldern und Seen durch die Verfassung ge-
schützt ist, haben 1906 die Grundbesitzer noch die Möglichkeit, den Zugang zu ver-
weigern. Dr. Wilhelm Hoeger, begeisterter Naturfreund und später Minister-
präsident Bayerns, fügt schon im Exil dem Entwurf einer Bayrischen Verfassung den
Artikel ein, wonach der freie Zugang zur Natur Verfassungsrecht ist. Diese Ver-
fassung ist heute oberstes und gültiges Gesetz im Freistaat.

 

1907 Das erste Naturfreundehaus wird am Pasterjoch in Tirol eröffnet.
Tausende von Naturfreunden kommen in Sonderzügen zur Eröffnung. Nationalrat
Dr. Karl Renner und Alois Rohrauer sprechen bei der Festveranstaltung.

 

1910 In New York wird die erste amerikanische Ortsgruppe gegründet. Die
Ortsgruppe München eröffnet ihr erstes Naturfreundehaus " Musauer Alm " in
den Tannheimer Bergen. Im Norden Deutschlands bauen die Hamburger Natur-
freunde das Haus in Maschen, am Rande der Nordheide. 400 Münchner Natur-
freunde bringt ein Sonderzug nach Luzern, für diese Zeit ein großes Ereignis. In
Österreich starten die Naturfreunde-Sonderzüge nach Triest und Venedig. Das
Kapitel Volksreisen wird aufgeschlagen.

 

1911 Die erste Bergsteigergruppe Bayerns wird in Nürnberg gegründet. Zwei
Jahre später nehmen an einer ersten Münchner Kinderwanderung 500 Kinder teil.
Mit dem Beginn des ersten Weltkriegs ein Jahr später endet die erste große Auf-
bauphase der Naturfeunde.

 

1919 In München gründet sich eine naturkundliche Arbeitsgruppe. In den
Gauen Nord- und Südbayern entstehen die ersten Jugendgruppen.

 

1921 Eröffnung einer gemeinsamen Geschäftsstelle in Nürnberg. Gründung
der "Vereinigten Kletterabteilung" in Sachsen, die in den späten zwanziger Jahren
die Keimzelle des antifaschistischen Widerstands, weit über ihren Heimatbereich
hinaus, wird.

 

1926 Die Naturfreundebewegung, ursprünglich als Wandergruppe der Wiener
Sozialdemokraten entstanden, hat sich weit über Europa verbreitet. Alle Orts-
gruppen gehören dem Zentralverein in Wien an. Aus organisatorischen
Gründen entstehen Landesorganisationen. Es wird in Würzburg die Reichsgruppe
Deutschland ins Leben gerufen. Gründung der Naturfreundejugend Deutschlands.

 

1933 Die deutsche Naturfreundebewegung wird verboten, die Häuser werden
beschlagnahmt, Funktionäre verhaftet.

 

1945 Die Naturfreunde Amerikas fordern über ihre Sender die deutschen
Naturfreunde auf, wieder mit der Arbeit zu beginnen. Vereinzelt kommt es zu
Wiedergründungen. Dies trotz Hunger und Not. Abends ist Ausgangsverbot. Zudem
gibt es fast keine Lokale mehr. Die Naturfreundehäuser, die nicht zerstört sind
werden mit Flüchtlingen belegt. Die Besatzungsmächte unterstützen die Bemüh-
ungen zur Wiedergründung oder zur Rückgabe der Naturfreundehäuser sehr unter-
schiedlich.

 

1956 Naturfreunde werden Mitglied im Deutschen Naturschutzring. Ein Jahr
später besetzen sie den Knechtstand bei Bremen, um Übungen britischer Bomber-
verbände (Abwürfe scharfer Bomben) zu verhindern.Die Naturfreundejugend hatte
sich schon 1947 gegen die Führung und Vorbereitung von Kriegen ausgesprochen.

 

1963 Bundesversammlung in Heilbronn. Elf Jahre, bevor die erste politische
Partei vor der Vernichtung unserer natürlichen Lebensgrundlagen warnt, stellen die
Naturfreunde ihren Kongreß ganz in das Zeichen der kommenden Gefahren. Das
Echo ist gewaltig, die Spötter werden weniger.

 

1965 Expeditionen gehen in den fernen Hindukusch und in die Anden, eine
Spitzbergen Expedition folgt. Berichte darüber füllen große Säle.

 

1974 1. Umweltkongreß der Naturfreunde-Internationale (NFI) in Bregenz.
Außer Deutschland und Östereich kann kein Landesverband ein umfassendes
Konzept vorlegen. Selbst in der Schweiz, später am härtesten bei Umweltverletz-
ungen, denkt noch an Erschließen und weiteres Wachstum. Trotzdem gehen von
dieser Konferenz Impulse aus.

 

1985 90 Jahre Naturfreunde in der Welt - 80 Jahre Naturfreunde in Bayern.
Eröffnung der Bundesveranstaltungen am 13. April in München. In Bayern werden
drei neue Naturfreundehäuser eröffnet, in Pleinfeld, Weiden und Pfaffenhofen.

 

1987 Die in Kulmbach durchgeführte Landesversammlung beschließt, alle
Naturfreundearbeit in Bayern dem Umweltschutz unterzuordnen. Hierzu schafft die
bayrische Naturfreundejugend Merkblätter, wie satzungsgemäße Sportarten mit
der Umweltarbeit koordiniert werden können.

 

1990 Nach der Wiedervereinigung Deutschlands sind die Naturfreunde be-
strebt, die Häuser im Ostteil des Landes zurückzugewinnen und auszubauen.

 

1995 Die Organisation feiert ihren 100 jährigen Geburtstag. Das Jubiläums-
jahr wird mit einer großen Anzahl von Veranstaltungen (Pflanzaktionen, Tag der
offenen Tür auf Naturfreundehäusern, Stafette durch Deutschland u.v.m.) von
vielen Ortsgruppen geplant und durchgeführt.